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M&A: Die Verzinsung des Kaufpreises bei Unternehmenskäufen

Unternehmenskäufe können vielfältige Gestaltungen der Kaufpreiszahlung beinhalten. Der allgemeine Grundsatz „Ware gegen Geld“, Zug-um-Zug, mag zwar für einen Großteil der M&A-Transaktionen im Mittelstand zutreffen, in vielen Fällen gibt es allerdings unterschiedliche Ausprägungen von erst später fällig werdender Kaufpreisteile oder -anpassungen.

Eine dieser Konstellationen ist die Zahlung des Kaufpreises in Raten, oftmals mit einer hohen ersten „Grundzahlung“ gegen Übertragung der Anteile und später fällig werdender weiterer Kaufpreisraten. Die Beteiligten sprechen in der Praxis häufig von einem „Verkäuferdarlehen“. Nicht selten werden die weiteren Raten aber an das Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Kennzahlen des gekauften Unternehmens geknüpft.
Nahezu fließend ist der Übergang dieser Gestaltungen zu Vereinbarungen über Zusatzkaufpreise anhand festgelegter zukünftiger wirtschaftlicher Kriterien, häufig als „Earn-Out“ bezeichnet.

Während bei fix vereinbarten späteren Kaufpreisraten deren Fälligkeit und Höhe in der Regel feststeht, kann es bei der Anknüpfung an künftige wirtschaftliche Kennzahlen in der Praxis zu Bewertungsschwierigkeiten und Streitpunkten kommen. Nicht selten werden die maßgeblichen Kennzahlen erst infolge eines komplexen und langwierigen Prozederes, oftmals mit Durchlaufen von Einwendungen, Stellungnahmen und Involvierung eines Schiedsgutachters – in Extremfällen sogar gerichtlicher oder schiedsgerichtlicher Entscheidungen - verbindlich. Die Verbindlichkeit kann sich durchaus um Jahre verzögern.

Zu erheblichen Verzögerungen bei der finalen Festsetzung des Kaufpreises kann es auch kommen, wenn die Vertragsparteien eine stichtagsbezogene Kaufpreisbemessung bzw. -anpassung vereinbaren. Die Verbindlichkeit der Stichtagsbilanz, ähnlich wie die oben angesprochene Maßgeblichkeit künftiger wirtschaftlicher Kennzahlen, tritt häufig erst nach Jahren und komplexen Auseinandersetzungen ein.

In den Konstellation der Variabilität oder späteren Fälligkeit des Kaufpreises steckt eine in der Praxis oftmals wenig beachtete Thematik: Die (etwaige) Verzinsung des Kaufpreises. In Anbetracht der beträchtlichen Höhe von Kaufpreisen für Unternehmenskäufe - auch im Mittelstand - kann eine Verzinsung einen bedeutenden finanziellen Wert für den Käufer darstellen. Wie ausgeführt, steht der „finale“ Kaufpreis oftmals erst Jahre nach dem Übergang des Unternehmens fest. Die Vertragsparteien sollte daher – naturgemäß aus unterschiedlichen Interessensrichtungen - Augenmerk darauf legen, ob der Kaufpreis bzw. die Anpassungsbeträge oder die weiteren Kaufpreisbestandteile bis zu deren Fälligkeit verzinst werden. Unterbleibt eine Vereinbarung, bleibt auch eine Verzinsung vor Fälligkeit aus. Gerade im Interesse des Verkäufers könnte und sollte es aber liegen, eine Verzinsung auch zwischen dem Vollzug der Anteilsübertragung und der (späteren) Fälligkeit der weiteren Kaufpreisbestandteile oder Anpassungsbeträge zu begehren. Schließlich ist das Unternehmen in diesem Zeitraum bereits übertragen und der Käufer zieht den Nutzen aus dem Unternehmen. Eine Verzinsung kann auch einer verwerflichen Motivation des Käufers zum Hinauszögern der verbindlichen Kaufpreisfestsetzung, beispielsweise durch „überflüssige“ Einwendungen oder Unterlassen von Mitwirkungshandlungen, Einhalt gebieten.
Im Falle des Absehens von einer Verzinsung kann es im Einzelfall empfehlenswert sein, steuerliche Berater für die Fragestellung hinzuzuziehen, ob in dieser quasi zinslosen Stundung sogar ein steuerlich relevanter Vorgang, namentlich eine Schenkung, liegen könnte.
Ist eine Stichtagsbilanz für Anpassungen des Kaufpreises maßgeblich, ist die Frage der Verzinsung bis zur Verbindlichkeit des Anpassungsbetrages ebenfalls relevant. Die Interessenlagen hinsichtlich der etwaigen Differenz zwischen vorläufigem und endgültigem Kaufpreis sind oftmals verschieden. Ein Käufer möchte selten einen zu hohen vorläufigen Kaufpreis zahlen.

Empfehlung: Vertragsparteien bei Unternehmenskäufen sollten sich intensiv Gedanken darüber machen, ob erst später (etwaig) fällig werdende Kaufpreisbestandteile oder -anpassungen bis zu deren Fälligkeitszeitpunkt verzinst werden. Die Interessenlagen von Verkäufer- und Käuferseite können dabei
erheblich voneinander abweichen.

(Beitrag vom 31.01.2023)

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